Atomkraft: Ein teuer Irrweg. Die Mythen der Atomwirtschaft
Posted by Rauch on Januar 11th, 2007
Broschüre des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BUM) vom März 2006
„Atomkraft: Ein teuer Irrweg. Die Mythen der Atomwirtschaft“
Diese Broschüre wurde laut Impressum mit einer Auflage von 20.000 Stück erstellt und wird heute noch verteilt.
Diese Broschüre enthält eine Reihe von Ungereimtheiten und Unwahrheiten, zu denen im Nachfolgenden Stellung genommen wird.
Behauptung 1: Atomkraft ein teuer Irrweg:
Antwort auf die gestellten Fragen:
Sichert Atomkraft wirklich unsere Energieversorgung? Ja.
Behauptung 3: die Vorräte reichen beim gegenwärtigen Verbrauch noch etwa 65 Jahre.
Falsch: es sind mehrere 100 Jahre. Beim Uran gilt genauso wie beim Erdöl und Erdgas: mit wachsender Nachfrage und steigendem Preis rechnen sich auch noch Vorkommen mit geringerem Urangehalt. Bei Nutzung des Urans im Meerwasser und des Plutoniums, das in den Reaktoren gebildet wird, sowie des Thoriums sind es mehrere 1000 Jahre.
Behauptung 4: Zukunftsfähig ist die verstärkte Nutzung von erneuerbaren Energien aus Sonne, Wind, Wasser, Biomasse und Erdwärme
Wir brauchen in Deutschland Grundlaststrom, der immer verfügbar ist für die Industrie, die Bahn, den öffentlichen Nahverkehr, Straßenbeleuchtung, Ampeln für die Haushalte, für Computer usw. Wir brauchen den Strom nach Bedarf und nicht in Abhängigkeit vom Wetter. Wasserkraft ist in Deutschland mit den vorhandenen Anlagen praktisch ausgereizt. Windkraftanlagen liefern Strom nur zu 17 % ihrer technischen Jahres-kapazität. Und die Sonne liefert auch tagsüber nur wenig Solarstrom. Biomasse und Erdwärme zur Stromerzeugung sind nur Nischentechnologien.
Behauptung 5: Atomkraftwerke schaffen keine Versorgungssicherheit, sondern verhindern Investitionen in moderne effiziente Kraftwerke.
Falsch: Kernkraftwerke und Braunkohlekraftwerke sichern die Grundlast und sorgen dafür, daß die Verbraucher immer Strom nach ihrem Bedarf haben (siehe auch Punkt 4) Trotz der laufenden Kernkraftwerke werden hocheffektive Kohlekraftwerke mit einem Wirkungsgrad von etwa 50 % und Gas- und Dampfkraftwerke (GUD) mit einem Wirkungsgrad von ca.58 % gebaut.
Behauptung 6: Energiemix der Zukunft: Erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Energieeinsparung: das sind wesentlichen Eckpunkte einer modernen Energieversorgung
Falsch: Erneuerbare Energien sind additive Energien, aber nicht geeignet für die grundsätzliche Energieversorgung in der Grundlast (rund-um-die-Uhr), wie es die Kernkraft bietet (siehe Punkt 4 und 5). Energieeffizienz und Energieeinsparung sind Tugenden, die bisher schon gelten und eigentlich selbstverständlich.
Behauptung 7: 30 bis 40 % des Energieverbrauches der Industrie könnten zu wirtschaftlichen Bedingungen eingespart werden.
Das ist Utopie. Wenn sich etwas rechnet, dann realisiert das die Industrie ohnehin. Bei steigenden Energiepreisen führt die Industrie aus eigenem Interesse Energieeinsparungen durch, soweit sie sich rechnen. Die größte Energiesparaktion in unserem Lande mit CO2-Reduktion war der Zusammenbruch der DDR-Wirtschaft – Ergebnis sind 20% Arbeitslosigkeit – das ist gerade nicht erstrebenswert.
Behauptung 8: Kohlendioxidfreie Gas- und Steinkohlekraftwerke als modernste Technologie.
Das ist wirtschaftlicher Unsinn, da erheblicher Wirkungsgradverlust die Folge ist. Und wohin mit den großen Mengen des erstickend wirkenden Kohlendioxid?
Behauptung 9:Â Atomkraftwerke haben nur einen Wirkungsgrad von 35 %.
Stimmt. Weil bisher die Abwärme nur in den seltensten Fällen genutzt wird. Aber die Kraft-Wärme-Kopplung ist beim Kernkraftwerk genauso möglich wie bei fossilen Kraftwerken, wie viele Beispiele zeigen: Beim stillgelegten Kernkraftwerk Stade wurde die Abwärme für eine Saline genutzt, vom ehemaligen Kernkraftwerk Lubmin wurde die Stadt Greifswald mit Fernwärme versorgt.
In der Schweiz werden aus den Kernkraftwerken Beznau 1 und 2 und Gösgen das Fernwärmesystem Refuna und die Kartonfabrik Kani versorgt.
Die Nutzung der Abwärme setzt voraus, daß möglichst ein Großverbraucher mit möglichst gleichbleibender Wärmeabnahme vorhanden ist.
Behauptung 10: Rechnen sich neue Atomkraftwerke?
Ja. Das neue Kernkraftwerk Olkiluoto 3 produziert den Strom für 2,4 cts/kWh. Dabei betragen die Kapitalkosten 1,4 cts/kWh. Das ist möglich durch die Betriebszeit von 60 Jahren.
Behauptung 11: Atomkraftwerke haben nur wenige Beschäftigte
Richtig: daher können die Großanlagen billigen Strom erzeugen, wie er für die Konkurrenzfähigkeit unserer Wirtschaft erforderlich ist.
Behauptung 12: Erneuerbare Energien lösen einen Schub für Arbeitsplätze aus,2004 157.00 Menschen, durch Gebäudesanierung 250.000 gesicherte oder neue Arbeitsplätze.
Das sind Potemkinsche Dörfer. Dies ist nur eine Folge der massiven Subventionen durch das Erneuerbare Energie Gesetz EEG zu Lasten der Volkswirtschaft. Der frühere Bundeswirtschaftsminister hat bereits 2002 errechnen lassen, daß die Belastung der Volkswirtschaft durch die Erneuerbaren Energien sich bis 2020 auf 250 Mrd Euro belaufen werden.
Behauptung 13: Atomkraftwerke schützen nicht das Klima
Falsch! Bei der Kernspaltung von Uran wird kein Kohlendioxid freigesetzt.
Für die Herstellung von Kernbrennstoff, Stahl, Beton usw. wird natürlich Energie verbraucht und dabei auch Kohlendioxid freigesetzt, wie bei Solar- und Windanlagen auch.
Deshalb sollte sich der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit für den Weiterbetrieb der deutschen Kernkraftwerke einsetzen, die pro Jahr 160 Mill. t CO2-Emission einsparen.
Frage 14: Sollten deutsche Kernkraftwerke nicht doch etwas länger laufen, angesichts ihrer Sicherheit?
Die Broschüre sagt : Nein. Denn die ältesten und damit unsichersten Kandidaten sollten gemäß Ausstiegsvereinbarung zuerst abgeschaltet werden. Eine Laufzeitvereinbarung ist nicht zu verantworten.
Hier wird der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit seiner Aufgabe und Verantwortung nicht gerecht. Wenn die Kernkraftwerke weiter betrieben werden, wie bisher, dann sind sie sicher. Sonst müßten sie abgeschaltet werden. Die Sicherheit hat mit dem Alter der Anlage nichts zu tun, denn da in der Sicherheit ständig nachgerüstet wird, können sogar ältere Anlagen sicherer als neue sein, wie das Beispiel Biblis zeigt.
Frage 15: Kann die Laufzeit der ältesten Atomkraftwerke überhaupt verlängert werden?
Nach dem geltenden Atomgesetz erfordert dies die Zustimmung von Bundesumwelt-minister, Bundeswirtschaftsminister und Bundeskanzlerin. Der Bundesumweltminister entscheidet nicht alleine.
Wenn das Atomausstiegsgesetz an die modernen Gegebenheiten angepaßt wird (wie es EnBW Chef Claassen fordert) können die Laufzeiten neu vereinbart werden.
Behauptung 16: eine Laufzeitverlängerung ist nicht notwendig, um auf erneuerbare Energien umzusteigen.
Dem widersprechen zahlreiche renommierte SPD-Mitglieder, wie z. B. Prof. Vahrenholt Vorstandsvorsitzender des Windanlagenherstellers Repower. Weitere renommierte Persönlichkeiten halten den Atomausstieg generell für falsch bzw. empfehlen einen Aufschub wie die Umweltschützer James Loveslock, Hugh Montefiori (früheres Vorstandsmitglied bei Friends of the Earth) und Patrick Moore (früherer Greenpeace-Chef), weitere renommierte Persönlichkeiten in der SPD, wie der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt, der frühere NRW-Ministerpräsident und frühere Bundes-Wirtschafts-minister Wolfgang Clement, Hubertus Schmoldt Vorsitzender der IG BCE und Prof. Rolf Linkohr, Ehrenpräsident des Europäischen Energieforums ebenso wie viele Industrieverbände, Professoren und Gewerkschaften.
Facit: Es ist nicht vertretbar, daß der für die Reaktorsicherheit zuständige Bundesumweltminister Gabriel eine derartige Broschüre mit unsachlichen und falschen Aussagen verfassen läßt. Der Bundesumweltminister sollte vielmehr in seiner Verantwortung als zuständiger Minister dafür sorgen, daß das Moratorium für Gorleben aufgehoben und die Weiterführung von Gorleben durchgeführt wird.
Als gewählter Volksvertreter muß er sich auch dafür einsetzen, daß Schaden vom deutschen Volke abgewendet wird. Das kann er tun, indem er eine realistische Politik betreibt und für die deutschen Kernkraftwerke eine Laufzeitverlängerung durchsetzt, die den technischen Gegebenheiten Rechnung trägt und indem er nicht ideologischen oder formaljuristischen Vorgaben folgt. Dazu gehört auch eine Behandlung der sog. Erneuerbaren Energien nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten statt nach ideologischen Gesichtspunkten. Das erfordert konkret eine Anpassung des Erneuerbaren Energie-Gesetzes an die Wirtschaftlichkeit.
2007-01-25 10:40
Dr.Ludwig Lindner
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