Nachfolgend habe ich einen interessanten Brief erhalten, den ich mit Zustimmung von Dr. Ufer hier veröffentliche.
„Sehr geehrte Damen und Herren des DLF-Hörerservice,
relativ häufig, fast täglich, höre ich Ihre Kommentare nach den 19-Uhr-Nachrichten. Sie bringen meist wertvolle Zusatzinformationen zu den Nachrichten, regen oft zum weiteren Nachdenken an. Natürlich gibt es von meiner Seite nicht in jedem Falle uneingeschränkte Zustimmung – aber das dürfte ja wohl normal sein!
Eine unrühmliche Ausnahme stellte der Kommentar zur Solarförderung von Theo Geers am 23. Februar 2012 dar (Anlage). Leider komme ich erst heute dazu, darauf zu reagieren. Ich gestehe Ihnen: Er hat mich als Energiewirtschaftler mit jahrzehntelanger Berufserfahrung zutiefst erschüttert, weil er mit Fehl- bzw. Falschinformationen gespickt war. Fachwissen war kaum erkennbar! Ich war entsetzt darüber, dass man den DLF-Hörern so etwas anzubieten wagt!
Da behauptete Geers doch tatsächlich, „der Solarstrom (hätte) kräftig mitgeholfen, das Land, seine Bürger und seine Wirtschaft vor dem Blackout zu bewahren.“ Und: „Die Energiewende funktioniert – auch dank des Solarstroms.“ Es ist erstaunlich, wie das ausgerechnet in den Wintermonaten und vor allem abends (wo der größte Leistungsbedarf herrscht und die Sonne nicht scheint) funktionieren soll.
Er meint weiter, dass „inzwischen so viele Solaranlagen installiert sind, dass sie an guten Tagen die Leistung von 25 großen Kohle- oder Atomkraftwerken ersetzen können.“ Er sollte aber wissen, dass Solaranlagen – auch nicht „an guten Tagen“ – nicht ein einziges Kohle- oder Kernkraftwerk ersetzen können! Die in Photovoltaik-Anlagen installierte Leistung steht nur dann bereit, wenn die Sonne vom wolkenfreien sommerlichen Mittagshimmel scheint. Das sind lediglich wenige Stunden im Jahr! Noch nie stand die gesamte im Land installierte Leistung im vollen Umfang zur Verfügung! Während Braunkohlen- oder Kernkraftwerke in der Lage sind, mit Hilfe eines Kilowatts installierter Leistung im Jahr 8000 oder mehr Kilowattstunden elektrische Energie zu erzeugen, erbringen Photovoltaik-Anlagen nur rund 900 Kilowattstunden. Und weil die meteorologischen Bedingungen bekanntlich nicht planbar sind, kann sich kein Energieversorger darauf verlassen, dass er diese Energie zu dem Zeitpunkt beziehen kann, wenn sie auch benötigt wird. Alle Photovoltaik-Anlagen benötigen also eine 100-prozentige Leistungsreserve. Auf gut deutsch: Sie sind energiewirtschaftlich überflüssig. Oder: Solarstrom sichert weder heute noch morgen unsere Energieversorgung!
Solaranlagen verursachen lediglich immense Kosten, die wir alle tragen müssen! Geers hatte schon den „richtigen Riecher“: Sie sind „eine Art Spielerei, die wir uns solange leisten, wie sie nicht zu teuer wird.“ Und sie sind eindeutig zu teuer, denn uns fehlt Geld für wichtigere Dinge!
Wenn Herr Geers nicht begreift, dass Solaranlagen keine Kohle- und Kernkraftwerke ersetzen können, dann zeugt das höchstens davon, dass er den Unterschied zwischen Kilowatt und Kilowattstunde, zwischen elektrischer Leistung und elektrischer Energie, nicht begreift. Das ist zwar Elementarwissen aus dem schulischen Physik-Unterricht – aber vielleicht hat er Physik „abgewählt“? Für DLF-Kommentare darüber dürfte sein Wissen ja immer noch reichen – glaubt er!
Geers will seinen Hörern einreden, dass bald der mit Solarmodulen „selbst erzeugte Strom billiger ist als der vom Stadtwerk gekaufte Strom“ sein wird. Wer trägt die Kosten für den Anschluss und Betrieb des elektrischen Netzes, mit dem sein „Solarhaus“ an die öffentliche Versorgung angeschlossen ist? Kostet die Energieversorgung zu den Zeiten, wo die Sonne nicht oder nur ungenügend Energie liefert, nichts? Er sollte einen Selbstversuch im eigenen Haushalt starten: Wie wäre es, wenn er sich von der öffentlichen Versorgung völlig trennen lässt und seine Kaffeemaschine, seinen Computer und seine Schreibtischlampe nur mit Strom aus der Photovoltaikanlage auf dem eigenen Dach betreibt? Dann muss er auch nicht die Steuern und Abgaben zahlen, die wir „Normalsterblichen“ mit unserer Stromrechnung (rund die Hälfte!) berappen müssen. Vielleicht wäre das sehr heilsam und würde Stoff für einen ausführlichen Erfahrungsbericht in Form eines DLF-Kommentars liefern!
Er spricht allerdings immer von Hausbesitzern, die nicht so „blöd“ sein sollten, auf billigen PV-Strom von ihrem Dach zu verzichten. Was sollen aber alle die tun, die kein eigenes Dach besitzen, sondern in einer Mietwohnung leben? Die dürfen den Geers’schen Hausbesitzern den PV-Strom alimentieren?
Ein Wort zur Solarindustrie in Deutschland: Sie bietet zweifellos tausende Arbeitsplätze. Ihr Wegfall würde schmerzen. Aber: Es handelt sich um eine Branche, die von Anfang an nicht in der Lage war, wettbewerbsfähige Produkte zu liefern, die sich ohne staatliche Unterstützung (über das von uns allen zu finanzierende Erneuerbare-Energien-Gesetz) auf dem Markt durchsetzen können. Auch die sich gegenwärtig vollziehende Kostensenkung – ausgelöst vor allem durch fernöstliche Konkurrenz – wird diese Subventionen nicht verhindern können. Eine „böse“ Parallele biete sich an: Wie wäre es denn gewesen, wenn unsere Regierung auf die Idee gekommen wäre, eine Pferdekutschen-Produktion aufbauen zu lassen und durch ein „Kutschen-Gesetz“ zu subventionieren? Viele Arbeitsplätze würden geschaffen und auf die „schmutzigen“ Autos, Flugzeuge oder Eisenbahnen könnte man dann allmählich verzichten …
Herrn Geers fällt auf, dass sich „niemand … heute über Kosten des Klimawandels“ aufregt. Welche Kosten verursacht der „Klimawandel“ (den es schon so lange wie die Erde gibt) dem Bürger eigentlich? Richtig ist: Der „Kampf gegen den Klimawandel“ verursacht enorme Kosten – aber der Bürger freut sich über höhere Temperaturen (die von der Politik als „Gefahr“ ausgegeben werden), weil er dann an den primär wegen des „Klimaschutzes“ wachsenden Heizkosten sparen kann.
Sehr geehrte Damen und Herren, verzeihen Sie mir meine langen Ausführungen. Ich habe diese Zeilen letztlich nicht nur wegen Geers‘ Kommentar geschrieben, sondern deshalb, weil ich damit Sie anregen möchte, über Ihre Informationen zur deutschen Energiepolitik nachzudenken, denen leider sehr oft eine ausreichende sachliche Substanz fehlt. Entschuldigen Sie auch meinen bissigen Sarkasmus! Geers ließ mir keine andere Wahl!
Ein Anliegen zum Schluss: Bitte leiten Sie meine Zeilen nicht nur Herrn Geers, sondern auch an die Vorsitzende des Verwaltungsrates, Frau Monika Piel, sowie an den Vorsitzenden des Hörfunkrates, Herrn Dr. Erwin Vetter, weiter. Ich halte das in Anbetracht sowohl der politischen Bedeutung der hier angesprochenen Probleme als auch im Hinblick auf den allgemeinen Auftrag des Sender zur objektiven, wahrheitsgetreuen Berichterstattung und Information für notwendig. Besten Dank!
Mit freundlichen Grüßen
Dr. rer. oec., Ing. Dietmar Ufer Leipzig“